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Nicht nur verstehen und gestalten – auch entdecken

Religion entdecken! Das ist uns, den Fachkollegen des Gymnasiums Nordenham, neben dem Verstehen und Gestalten von Religion ein wesentliches Anliegen, um einen ganzheitlichen Unterricht umzusetzen. Gerade der Religionsunterricht darf sich nicht auf die kognitive Dimension allein beschränken, zumal das Dilemma besteht, dass sich Fragen des Glaubens grundsätzlich dem planbaren Zugriff entziehen. Vielmehr muss der Religionsunterricht, um ein Entdecken zu ermöglichen, neben dem Kopf auch das Herz ansprechen. Somit müssen Methoden angeboten werden, die den ggf. glaubenden, fragenden, suchenden, zweifelnden jungen Menschen einen Zugang ermöglichen.

Religion entdecken gelingt unter anderem durch Exkursionen. Diese bieten eine hervorragende Möglickeit, bereits theoretisch erfahrene Inhalte durch die Möglichkeit, Experten Fragen stellen zu können, zu festigen oder erworbenes Wissen vor Ort anzuwenden und damit zu vertiefen. Exkursionen können aber auch zu Beginn einer Unterrichtseinheit neugierig machen und motivieren, gesehenes verstehen bzw. hinterfragen zu wollen.

Darüber hinaus tragen Exkursionen dazu bei, dass die Schülerinnen und Schüler im Laufe des Religionsunterrichtes die Kompetenz der religiösen und interreligiösen Dialogfähigkeit erlangen. Wo könnte diese besser eingeübt werden als dort, wo sich Menschen der eigenen bzw. verschiedener Religionen begegnen und der jeweilige Glaube gelebt und gestaltet wird.

Durch Exkursionen wird aber auch erreicht, dass religiöse Phänomene als solche erkannt werden und im Leben der Schülerinnen und Schüler an Bedeutung gewinnen. Ohne diese Sensibilisierung würden Spuren des gelebten Glaubens in der Alltagswelt einfach übersehen und gingen durch mangelnde Deutungsmöglichkeiten für die jungen Menschen verloren.

Die ersten außerschulischen Lernorte, die die Kinder im Fach Religion aufsuchen, sofern es der organisatorische Rahmen zulässt, sind die Kirchen vor Ort. Aufgrund der Fußläufigkeit sind das die Martin Luther Kirche und die St. Willehad Kirche.

Die Fotos wurden von der jeweiligen Kirchengemeinde nach Anfrage zur Verfügung gestellt.

Im Sinne der im Schulcurriculum verankerten Unterrichtseinheit „Die Vielfalt der Kirchen“ können die Schülerinnen und Schüler vor Ort, wenn möglich mit Unterstützung der Pastorin Wittrock und des Pfarrers Jasbinschek, Gemeinsamkeiten und Unterschiede entdecken. Aber auch die Kinder selber haben, je nach eigener religiöser Sozialisation, die Möglichkeit, als Expertin / Experte aufzutreten.

Die in den Kirchen gemachten Erfahrungen gilt es dann, wie nach jeder Exkursion, zu reflektieren und inhaltlich einzubetten.

Im Rahmen der Behandlung der Weltreligion Islam in Jahrgang 7/8 bereichert ein Besuch in der Moschee in der Walter-Rathenau-Str. den Unterricht.1 Die Muslime dort sind immer wieder offen für einen Austausch und zeigen mit sehr viel Freude und Gastfreundschaft ihre Räumlichkeiten. Hier werden Hemmschwellen abgebaut und erste Wege für einen interreligiösen Dialog geebnet.

1Die Fotos wurden nach Anfrage von der Muslimischen Gemeinde zur Verfügung gestellt.

In Jahrgang 9/10 geht es u.a. um die Behandlung der Frage „Was kommt nach dem Tod?.“ Um das Thema „Tod“ zu enttabuisieren, ist es hilfreich, mit Menschen zu reden, die sich tagtäglich mit ihm auseinandersetzen. So ist zum Beispiel ein Besuch in einem Bestattungsunternehmen möglich. Aber auch die Hospizhilfe Nordenham steht als Ansprechpartner zur Verfügung.

Auf dem Atenser Friedhof lassen sich viele Symbole entdecken, die zu Fragestellungen anregen.

Auch die in Nordenham zu findenden Stolpersteine, die als in den Boden eingelassene Gedenktafeln an jüdische Mitbürger und deren Schicksale während des Nationalsozialismus erinnern, können Unterrichtsinhalte greifbarer machen.

Aber nicht immer ist es möglich, das Klassenzimmer zu verlassen. Leider sind Exkursionen im Fach Religion vor allem aufgrund der zusammengesetzten Klassen oftmals schwerer zu organisieren. Aber auch das hält uns nicht davon ab, Experten zu Wort kommen zu lassen. Wie die Bibel schon sagt, kommt dann eben der „Berg zum Propheten.“

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Nordenhamer Einrichtungen sehr offen sind, wenn Ansprechpartner als Experten gesucht werden. So wurde zum Beispiel auch schon ein Besuch eines Klienten des CVJM bei uns in der Schule mit Begleitung organisiert oder Vertreter anderer Bereiche, die von der Diakonie Nordenham abgedeckt werden, haben unsere Einladung in den Unterricht offenherzig angenommen.

Aber auch Privatpersonen, so z.B. eine Altenpflegerin zum Thema „Sterben und Tod“, sind gerne bereit, etwas über sich, ihren Beruf und die ggf. dahinterstehende christliche Motivation zu berichten.

Vieles ist möglich und vieles würde ohne diese Begegnungen nur abstrakt und theoretisch bleiben. Durch die Wahrnehmung der Wirklichkeit von Religion und Glauben in der Alltagswelt gelingt es aber, eine Bedeutung für das Leben der Schülerinnen und Schüler herzustellen1 – eben Religion zu entdecken!

1Teilweise entnommen und angepasst aus:

Theo-Web. Zeitschrift für Religionspädagogik 5 (2006)

https://books.google.de/books?hl=de&lr=&id=J7878BsBEC0C&oi=fnd&pg=PT9&dq=exkursionen+im+religionsunterricht&ots=GnbEftCIOv&sig=7x70QDwPY1qQmzUqRBr5RCM4gW8#v=onepage&q=exkursionen%20im%20religionsunterricht&f=false (letzter Aufruf am 08.02.2021)